Gestern stellte Christian Salmhofer dem zahlreich erschienenen, weitgehend studentischen Publikum bei einem Vortrag die etwas provokative Frage: „Schützt Konsumpatriotismus das Weltklima?“ Die Antwort steckt implizit bereits in der Frage drinnen. Nein. Doch die Begründung ist für mich, wenn auch nicht unerwartet, so doch neu und bringt wieder eine Erweiterung im Denken bei dem komplexen, globalen Problem des Klimawandels. Zuerst aber ein paar Worte zur Person Christian Salmhofer. Der gebürtige Steirer arbeitet als Klimabündniskoordinator in Kärnten und sieht sich dort, wie er selbst sagt, als „Entwicklungshelfer“. Seinen Kampf führt er nicht nur fürs Klima, sondern auch für Menschenrechte, 2 Dinge, die nicht voneinander zu trennen sind.
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Sein Nein zum Konsumpatriotismus erklärt Christian ganz deutlich. Er bezieht sich dabei hauptsächlich auf die Ernährung und das Argument des Transportes. Der Klimawandel ist ein internationales Phänomen (um hier den Begriff Problem nicht über zu strapazieren) und macht keineswegs vor Grenzen halt. Alleine deswegen kann Patriotismus bezogen auf das eigene Land (es könnte ja auch eine Region, unabhängig von den nationalen Grenzen gemeint sein, womit die Sache schon wieder anders aussehen würde) das Klima nicht Schützen. Vorarlberg ist von Wien definitiv weiter weg als Ungarn, womit die Produkte von der Pusta kürzere Wege haben als der Käse aus dem Ländle. Und damit sind wir auch schon bei der Neuheit für mich: Die Wege (gemeint damit der Transport) spielen in der Energiebilanz nämlich eine untergeordnete Rolle. Laut Salmhofer fließen sie nur mit etwa 5% in die Gesamtbilanz ein (eine andere Studie spricht gar nur von durchschnittlich 3% unterscheidet dabei aber sehr deutlich zwischen verschiedenen Produkten, weil der Anteil teilweise auf bis zu 15% bei frischem Gemüse ansteigt). Den größten Anteil an der CO2-Bilanz (Energie ist nun reduziert auf CO2-Ausstoß – bitte bemerken!) geht auf die Futter- und Düngemittel und damit ist auch vor allem die konventionelle Landwirtschaft angesprochen, denn der Einsatz vor allem von Stickstoffdüngern oder externen Futtermitteln ist in der Bio-Landwirtschaft sehr stark eingeschränkt oder ganz untersagt. Die Bio-Landwirtschaft produziert dadurch 60% weniger CO2/Hektar als die Konventionell (Salmhofer). Ein Bericht in der Zeitschrift des deutschen Verbands für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) bestätigt diese Einschätzung und zeigt gleichzeitig auf, warum und wie regional dennoch besser ist.
Darauf geht Christian Salmhofer in seinem Resümee auch noch einmal ganz deutlich ein. Der geäußerten Kritik an der pauschalen Verteufelung von Äpfeln aus Neuseeland kontert er mit der Einlagerung von Obst in Kühlhäusern für eine lange Zeit. Ein Apfel aus Österreich im April oder Mai, der die ganze Zeit unter künstlicher Kühlung (mit nicht erneuerbaren Energien) eingelagert war hat bestimmt eine schlechtere Bilanz als ein Apfel aus Neuseeland (das gilt sowohl jeweils für bio als auch für konventionell). Seine Konsequenz daraus in 4 Punkten:
- gesunde Ernährung
- Biologischer Landbau
- gerechter Handel
- saisonale, regionale Vermarktung
Ich kann mich dem nur anschließen und werde sogesehen mein Entscheidungsspektrum beim Einkauf erweitern. Dass der Einkauf damit wieder um einige Minuten länger dauert, weil ich Distanzen und Energiebilanz mit der Jahreszeit abwägen muss nehme ich gerne in Kauf.
Manuel meint
Ich würde noch Punkt 5 mit aufnehmen:
5. wirtschaftliche Verantwortung
…was nützt es, wenn ich mit dem Neuseelandapfel vielleicht ein wenig weniger C02 verbrauche, aber der heimische Apfelbauer pleite geht, weil keiner seine Produkte kauft?
Konsumpatriotismus ist insofern gut, als dass langsam wieder die WERTE von Lebensmitteln in den Vordergrund gerückt werden müssen.
roland meint
@Manuel … da geb ich dir völlig recht. Ich denke aber dennoch, dass der saisonale Aspekt ein sehr wichtiger ist. Im Herbst und Anfang Winter ist es kein Thema, dass die Herkunft regional sein sollte. Im Frühjahr kann man sich dann die Frage aber schon stellen. Die wirtschaftliche verantwortung hört dann auf, wenn die ökologische Verantwortung darunter leidet. Beide sollten aber im Sinne der Nachhaltigkeit stimmen.
Zu den WERTEN würde ich noch hinzufügen den Bezug zum lokalen, sprich typischen einer Region. Vielleicht meinst du das auch mit Wert.
Manuel meint
Ja, mit Werten meinte ich Geld + Bezug ;-)