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Sind wir am Peak? – Falsche Frage!

von | Aug 24, 2009 | Klimawandel, Nachhaltigkeit, Systemwandel | 13 Kommentare

Der Peak ist in aller Munde. Uns gehen die Ressourcen aus. Einige meinen es ist gar nicht so schlimm, denn die Statistiken zeigen nur ein Bild von den Ressourcen, die wir bisher kennen. Die Wahrscheinlichkeit noch viel mehr davon zu finden sind ihrer Meinung nach sehr hoch. Vorbeugend beziehen die Kritiker diese möglichen Vorkommen in ihre Statistik gleich mit ein.

Mich hat das Thema vor kurzem auch wieder eingeholt. Ich habe in der letzten Zeit immer unhinterfragter akzeptiert, dass es den Peak gibt und dass wir nicht mehr weit bis dorthin haben, oder gar schon dort waren. Die kaum in Zweifel gestellte Hubbert Kurve zeigt dies zu deutlich.

(c) www.sciencedirect.com

(c) www.sciencedirect.com

Und dann kommt jemand aus der Permakultur-Szene und konfrontiert mich mit „Wahrheiten„, die all das in Frage stellen. Und zwar von einer Perspektive, die ich bisher nicht gesehen habe: Wie entsteht Öl eigentlich? Nach einem kurzen Taumeln und dem Studium der „Wahrheiten“ (oder sind es doch nur ander Verschwörungstheorien) bin ich aber wieder gefasst und stolpere gleichzeitig über den ebenfalls bereits beschriebenen Pfad aus der Szene: Die Exponentialfunktion und wunderbare Beispiele mit Bezug zu unseren „aktuellen Krisen“ (Krisen entstehen dann, wenn das alte gestorben ist und das neue noch nicht geboren werden kann) von Prof. Albert A. Bartlett. Spannend hierbei ist für mich insbesondere die Sequenz ab Minute 3 im Teil 6 von 8. Die Grafik, die Bartlett in diesem Abschnitt präsentiert (in leicht abgewandelter Form auch rechts), zeigt, wie irrelevant die Diskussion über die Menge des Verfügbaren Öls ist in Bezug auf den Zeitpunkt des Peaks beim derzeitigen Verbrauch und den aktuellen Steigerungsraten. Kann Öl so schnell nachwachsen, selbst wenn man annimmt, dass es das rascher tut als bisher bekannt.

OK … soweit so gut. Doch irgendwie interessiert mich das Öl gar nicht. Die Wege, wie man aus einer möglichen Ölkrise herauskommt sind lang und breit beschrieben. Wenn man bei google eine blog search nach „Peak Oil“ macht bekommt man 373,572 Ergebnisse. Es finden sich bestimmt auch darunter noch viele Tipps und Hinweise.

Die Exponentialfunktion und die Beschreibungen von Bartlett bringen mich aber zu ganz anderen Szenarien. Was ist, wenn wir auch bei anderen, lebenswichtigen Ressourcen an einen Peak gelangen? Was ist zum Beispiel wenn wir den Peak Water erreichen? Wo sind die umfassenden Studien zu diesem Thema und die Auswirkungen dieses Peaks auf die Menschheit, die Wirtschaft, das Finanzsystem. Die scheinbare Unwichtigkeit dieses Themas zeigt eine ander Blogsuche. Unter dem Begriff „Peak Water“ findet man ganze 4,799 Einträge!!!! In einem Artikel von Meena Palaniappan and Peter H. Gleick wird die Ähnlichkeit der Konzepte von Peak Oil und Peak Water dargestellt. Die Hubbert Kurve könnte also auch den Peak Water darstellen. Doch nirgends kann ich eine Jahreszahl finden, in der der Zeitpunkt des Peaks nach heutigem Stand des Wissens festgelegt wird. Woran liegt das? Sind diese Daten nicht so wichtig? Würden diese Daten noch größere Panik auslösen, als die Daten über das Öl? Ich bin sicher, dass es Unternehmen gibt, die bereits ausreichend Datenmaterial darüber gesammelt haben. Diese sind bereits dabei Wasservorräte in großem Stil aufzukaufen. „Zum Schutz der Menschheit“, wie ein dummer Mensch von Nestlé es in einem wunderbaren Film ausgedrückt hat, denn „erst wenn Wasser auch einen Preis hat, wird man seinen Wert zu schätzen wissen“.

„Jammer nicht, kämpfe!“ ruft Daniel in seinem Blogbeitrag den Utopisten zu. Und ich kann ihm nur zustimmen. Es ist nahezu lächerlich, was „Utopisten“ als Veränderung und Nachhaltigkeit bezeichnen. Die Kommentare bei Daniel zeigen es nur zu gut. Ein wenig herumschrauben an den heutigen Bedingungen genügt ihnen um damit die Welt zu verändern. Einen Systemwandel würden sie nie mittragen oder gar visionär vorleben.

Zurück zum Start: Kann Permakultur auch ein Konzept für andere Peaks sein? Reto schreibt in seinem Blog über die Optionen für eine post-fossile Zivilisation, dass Permakultur eine Möglichkeit ist, die ein Imageproblem hat. Ich möchte sie auch nicht als eine Option für ein „post“-was-auch-immer sehen, sondern als eine Überlebensstrategie. Eine post-wasser-Zivilisation wird es nämlich nicht geben!!!

13 Kommentare

  1. Billo Heinzpeter Studer

    Hallo Roland
    Deine Gedanken treffen sich sehr mit den meinen.

    Peak Land
    Ein wichtiger Peak: Land – die am eindeutigsten nicht vermehrbare Ressource. Sei’s in Form landwirtschaftlich nutzbarer Flächen, sei’s als irgendwie menschlich nutzbare Fläche pro Kopf: Ich gehe davon aus, dass in beiderlei Hinsicht der Peak (hier definiert als untere akzeptable Grenze bei gegebener Anzahl Menschen) für den grössten Teil der Menschheit längt überschritten ist – und die Menschheit wächst weiterhin…

    Peak Fisch
    http://www.zeitpunkt.ch/index.php?id=5&tx_ttnews%5Btt_news%5D=349&tx_ttnews%5BbackPid%5D=6&cHash=5bc6bc49f2
    Ein anderes Beispiel: Peak Fisch. Hier geht es zwar um eine theoretisch immer wieder nachwachsende Ressource (wie z.B. auch Wald), und genau darum ist dieses Beispiel besonders interessant, weil es zeigt: Auch nachwachsende Ressourcen können durch Uebernutzung über einen point of no return hinaus dezimiert werden. 1994 schloss die kanadische Regierung die Kabeljau-Fischerei, weil die Bestände im Nordwest-Atlantik zusammengebrochen waren; doch trotz Arbeitslosigkeit von 40’000 Fischern haben sich diese Bestände bis heute nicht erholt; der Grund scheint darin zu liegen, dass die ehemaligen Beutetiere (Sardinen usw.) nun ihrerseits die jungen Kabeljaus fressen? Und weiterhin frisst die Menschheit mehr als doppelt soviel Fisch, wie der Planet hergibt; die Hälfte des Konsums wird aus Fischzuchten gedeckt, die ihrerseits das Drei- oder gar Vielfache dessen an Fisch aus dem Meer verfüttern, wie sie uns auf den Teller liefern! Aus meiner Sicht ist der Peak Fisch schon seit ein paar Jahren überschritten…

    Runter mit dem Verbrauch
    Die wesentliche Schlussfolgerung aus meiner Sicht heisst: Runter mit dem Konsum von Ressourcen auf ein Mass, das deren Erhalt gewährleistet! Am Beispiel Fisch: 1 bis max. 2 Fischmahlzeiten pro Monat. Am Beispiel Erdöl: Rascher Ausstieg aus der Verbrennung, damit Erdöl als Rohstoff für sinnvolle Nutzungen vorrätig bleibt.
    Wenn die Menschheit nicht rasch lernt, ihren Verbrauch den natürlichen Gegebenheiten anzupassen, werden diese Gegebenheiten dafür sorgen, dass es weniger Verbraucher gibt. Beispiel Erdöl: Wenn es immer knapper wird, wird die hochgradig erdölabhängige Agrarproduktion immer teurer und knapper; Hungersnöte und Verteilungskriege werden die Menschheit auf jene Anzahl dezimieren, die vor dem Erdölzeitalter ernährt werden konnte – weit weniger als die Hälfte von heute! Ich schätze, es bleibt uns eine Zeitfenster von 10 Jahren, um aus der Energie aus Erdöl auszusteigen. Alternativenergien in Ehren, doch die bewirken erst etwas, wenn der Energiekonsum insgesamt drastisch reduziert worden ist. Aehnlich beim Fisch: All die Nachhaltigkeits-Labels sind ja okay, aber ihre Wirkung entfalten sie erst, wenn wir den Fischkonsum runterschrauben – das ist der entscheidende Schritt.

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    • roland

      @Billo … du sprichst hier einige ganz zentrale Punkte an. Bartlett zeigt in seinem Video ganz deutlich, dass nicht nur der ständige Anstieg beim Verbrauch der Ressourcen ein Problem darstellt, sondern eine Reduktion in vielen fällen unumgänglich ist.
      Darüber wird ja bereits viel geredet (siehe CO2) … doch die wirklich relevanten Maßnahmen sehe ich nicht. Dass diese beim Standard-Publikum nicht ankommen würden ist naheliegend. Doch warum erreichen sie auch die Öko-Sustainibility-Sozialies nicht? Warum können die Utopisten keinem radikalen Systemwandel zustimmen?

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      • Billo Heinzpeter Studer

        Die Oeko-Bewegung ist stark von der WWF-Haltung imprägniert, nach welcher Umweltschutz und gewohnter Lebensstandard sich nicht ausschliessen. Dahinter steckt die Angst davor, Spender/innen zu verlieren, wenn man den Menschen die Wahrheit sagt. Darum konzentriert sich der WWF darauf, mit den Big Companies Vereinbarungen betr. Nachhaltigkeit abzuschliessen – siehe FSC beim Wald, MSC beim Fisch, usw. Das sind Initiativen, die an grünen Tischen beschlossen und von oben herab übers Publikum gestülpt werden – und nichts, was von unten initiiert und mit Herzblut getragen würde. Und es sind Initiativen, die in sich schon den Kern des Kompromisses tragen, was dann in der Umsetzung erst recht deutlich wird – sofern man sich nicht Sand in die Augen streuen lässt.
        Ich kann nachvollziehen, wie der WWF zu seiner Policy kommt; sie vermag durchaus auch einen Beitrag an eine Wende leisten. Aber mit dieser Policy allein wird alles nur noch schlimmer als besser, und vor allem: sie schläfert jene Menschen ein, die eigentlich was tun möchten, die aber ausser „consuming by labels“ gar nichts mehr tun müssen, weil der WWF schon alles so schön angerichtet hat…
        Etwas polemisch, ich geb’s zu, aber Leisetreter gibt’s in diesem Thema ja schon genug.

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  2. Jürgen Koprax

    Mir stellt es die Haare auf bei den beschrieben Szenarien!!! Nicht weil ich sie nicht glaube oder sehe, sondern weil ich mir ungefähr vorstellen kann wo das hinführt. Und da ich noch vorhabe mind. 40 Jahre zu leben, könnte es sein, dass ich das ganze miterleben werde.

    Wer trägt die Verantwortung dafür?
    Wer kann etwas unternehmen ohne „Kunden“ zu verlieren?
    Die Politik steckt ja in einem ähnlichen Dilemma wie der WWF, welche Regierung oder Partei an der Macht würde seine Bürgern die Wahrheit sagen. Meine Antwort: keine.
    Welcher Bürger würde das gerne hören? Nicht viele!
    Viel lieber schlagen sie sich mit irgendwelche populistisch vervollen Themen, wie dem Ortstafelstreit herum.
    Wie kann man die Mehrheit der Menschen darauf hinweisen, dass wir auf dem falschen Weg sind? Leider will das keiner hören…

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  3. Billo Heinzpeter Studer

    Ja, Jürgen, das sieht echt nach einer grossen Herausforderung aus. Ein Rezept hab ich auch nicht. Ich seh aber 2 Linien, auf denen wir parallel voranzukommen versuchen sollten:
    – unbekümmert und ungefragt sagen, was geschehen wird, wenn nichts geschieht
    – Gemeinschaften von Menschen bilden, die damit beginnen, mit sehr viel weniger Ressourcen auszukommen.

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    • Jürgen Koprax

      Die zwei Linien gefallen mir! Wichtig wäre auch öffentlich zu machen, dass man glücklich sein kann, wenn man weniger Ressourcen verbraucht!

      Ich will nicht wie Amish oder in einer Hippiekommune leben, weil ich denke, dass das nicht notwendig ist oder Zeitgemäß wäre. Aber ich würde gerne in einer Gemeinschaft leben, die den Namen Gemeinschaft verdient.

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  4. roland

    @jürgen + billo … hier gibt es ein video, das eine schöne, simple Entscheidungsmöglichkeit gibt, wie wir mit den potentiellen Gefahren in Zukunft umgehen können:
    http://www.youtube.com/watch?v=zORv8wwiadQ

    wenn alle, die dieses Video schon gesehen haben, die gleiche Entscheidung getroffen haben wie ich, dann gibt es da draußen schon 2 Millionen Menschen, die zum handeln bereit sind :-)

    wir müssen sie nur finden!

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    • Jürgen Koprax

      kenn ich schon :-)

      leider ist es vielen Menschen egal. keine angst mir nicht!

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  5. Michael

    Hallo! Peak Oil hat aus meiner Sicht eine größere Relevanz als die anderen Peaks, weil:
    Öl ist Energie und damit die Basisvariable unserer Gesellschaft. Wenn die Energiepreise durch die Decke gehen bzw. stark steigen, dann ist unser ganzes wachstumsgetriebenes System an der Kippe. Das gilt für die ganze Welt. Unser gesamtes Gesellschafts- und Wirtschaftsverständnis hängt daran. Peak Oil kann Peak Land, Fish, Water usw. verstärken. Umgekehrt ist es mMn nicht möglich. Zumindest nicht auf unmittelbarem und direktem Weg. Peak Oil wirkt weltweit und trifft mMn besonders die westlichen Staaten (zumindest deren Lebensstil). Peak Water z.B. tritt regional auf (wirkt in der Folge natürlich auch überregional).
    By the way: ich glaube schon öfters gelesen zu haben, dass Peak Water noch vor Peak Oil eintreten soll (gemeint war meiner Erinnerung nach vor 2020).

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  6. roland

    @michael … Öl ist nur die Basisvariable der Gesellschaft, die sich ändern muss/sollte. In meiner jetzigen Lebenssituation bin ich noch Teil dieser Gesellschaft. Ich bereite mich aber schon darauf vor, nicht mehr dazu zu gehören. Ein Wachstumsgetriebenes System gehört auch jetzt schon nicht mehr zu meinem Weltbild. Aus dieser Sicht kann ich nur sagen … Her mit dem Peak Oil! … ohne natürlich genau zu Wissen, welche Konsequenzen das im Detail hat, denn wir übersehen dabei sicher Vieles.

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  7. Billo Heinzpeter Studer

    Eigentlich ist es ziemlich irrelevant, darüber zu debattieren, welcher Peak der „wichtigste“ ist. Es wird bei den meisten lebenswichtigen Rohstoffen (Boden unter den Füssen, Nahrung, Wasser, Energie) ganz rasch ganz verdammt eng.
    Und: Wer sein Leben so einrichtet (und dafür sorgt, dass es andere ebenfalls tun), dass er weniger Ressourcen verbraucht, der braucht ja nicht plötzlich viel mehr Land und Wasser und Nahrung und…, bloss weil er weniger Erdöl verbraucht. Es besteht zwischen den Peaks keine Konkurrenz, sondern ein innerer Zusammenhang.

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