Erinnern Sie sich an den Moment, als Sie das letzte Mal den Firmenkaffeeautomaten auffüllten? Oder die neuen Bürostühle bestellt haben? Was uns im Eifer des Geschäfts selten in den Sinn kommt: Hinter jedem dieser Produkte steckt eine unsichtbare Reise, ein logistisches Ballett, das seine Spuren hinterlässt. Diese Spuren messen wir in CO2-Emissionen, dem sogenannten Carbon-Footprint. Und der erstreckt sich nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf den Transport, die Lagerung und die Nutzung eines jeden Produkts.
Ich verstehe, was Sie jetzt denken: „Wir sind ein KMU, kein globaler Konzern. Wir haben Wichtigeres zu tun, als jede Kaffeebohne nachzuverfolgen.“ Genau hier liegt der Knackpunkt. Denn dieser vermeintlich kleine Aufwand ist nicht nur gut fürs Klima, er ist auch ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Kunden und Investoren fragen zunehmend danach. Und der Gesetzgeber zieht nach. Sich jetzt mit dem eigenen Corporate Carbon Footprint (CCF) auseinanderzusetzen, ist also keine Kür, sondern bald Pflicht.
Aber wie fängt man an? Woher wissen wir, wie viel CO2 in einem Bürostuhl oder einer Kaffeebohne steckt? Machen wir uns nichts vor: Es ist keine Zauberei, sondern eine detektivische Aufgabe. Und ich zeige Ihnen, wie Sie das erfolgreich lösen.
Die Spurensuche beginnt: Woher kommen die Daten?
Der Weg vom gekauften Produkt zum konkreten CO2-Wert mag wie ein Labyrinth erscheinen. Das ist er auch ein wenig. Aber in jedem guten Kriminalfall gibt es Hilfsmittel. Für uns sind das die Emissions-Datenbanken. Sie sind quasi das digitale CSI-Labor der Nachhaltigkeitsbewegung.
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen neuen Laptop gekauft. Statt zu versuchen, die Emissionen jeder einzelnen Schraube, jeder Platine und jedes Chips selbst zu berechnen – was unmöglich wäre – greifen Sie auf eine Datenbank zurück. Dort finden Sie Emissionsfaktoren für Laptops im Allgemeinen. Diese Faktoren basieren auf umfangreichen Studien und Messungen. So ein Faktor könnte zum Beispiel lauten: „Ein Kilogramm Laptop verursacht im Durchschnitt X Kilogramm CO2-Äquivalente in der Produktion und Lieferung.“ Mit diesem Wert können Sie den Fußabdruck Ihres Laptops abschätzen.
Und genau das ist das geniale Prinzip: Sie müssen nicht jedes kleinste Detail selbst nachforschen. Sie nutzen vorhandene, wissenschaftlich fundierte Daten als Basis.
Welche Datenbanken sind für Sie als Unternehmer relevant?
Die Landschaft der Emissions-Datenbanken ist vielfältig, aber keine Angst, Sie müssen nicht alle kennen. Es gibt spezialisierte und allgemeine Datenbanken, die Ihnen als KMU einen guten Startpunkt bieten. Hier sind ein paar Beispiele, die Ihnen auf Ihrer Detektivreise begegnen könnten (und es gibt noch viele mehr):
- Gemischtwarenladen der Daten: Datenbanken wie ecoinvent oder GaBi sind so etwas wie die Supermärkte unter den Datenbanken. Sie enthalten eine riesige Bandbreite an Emissionsfaktoren – von der Landwirtschaft über Metalle bis hin zu Dienstleistungen. Sie sind extrem detailliert, aber auch komplex in der Anwendung und meistens kostenpflichtig. Sie sind die richtigen Werkzeuge für Profis und größere Projekte.
- Fokussierte Spezialisten: Suchen Sie zum Beispiel nach den Emissionen einer bestimmten Art von Kunststoff, finden Sie oft kleinere, spezialisierte Datenbanken, die von Branchenverbänden oder Forschungseinrichtungen betrieben werden. Hier ist die Genauigkeit extrem hoch, aber eben nur für einen spezifischen Sektor.
- Regierungs- und offene Datenbanken: Es gibt auch kostenlose und öffentliche Datenbanken, die von Regierungen oder gemeinnützigen Organisationen bereitgestellt werden. Ein gutes Beispiel ist das DEFA-System (Datenbank für Emissionsfaktoren). Sie sind eine gute erste Anlaufstelle, um ein Gefühl für die Materie zu bekommen und grundlegende Berechnungen durchzuführen.
Der entscheidende Tipp: Es gibt nicht die eine perfekte Datenbank für alles. Suchen Sie nach Quellen, die für Ihre Branche und Ihre Art von Produkten am besten geeignet sind. Beginnen Sie mit den größten Posten in Ihrer Beschaffung und arbeiten Sie sich von dort aus vor.
Vom Produkt zur Zahl: Die Praxis macht den Meister
Nun, wie setzen wir das in die Tat um? Nehmen wir das Beispiel aus Ihrem Büroalltag: die Kaffeebohne.
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen Ihre Kaffeebohnen palettenweise. Ein guter Detektiv sucht nicht nur nach dem Endprodukt, sondern auch nach den einzelnen Stationen auf dem Weg dorthin. Hier ein vereinfachtes Beispiel:
- Produkt-ID: Suchen Sie den Emissionsfaktor für Kaffee in einer Datenbank. Suchen Sie nach „Kaffee, geröstet“ oder „Kaffeebohne“. Sie finden einen Wert in der Einheit „CO2e pro kg“ (CO2-Äquivalente pro Kilogramm). Dieser Faktor deckt oft die Anbau-, Ernte- und Verarbeitungsprozesse ab.
- Transport-ID: Wie kam der Kaffee zu Ihnen? Mit dem LKW, dem Schiff oder sogar per Flugzeug? Auch dafür gibt es Emissionsfaktoren – zum Beispiel „CO2e pro Tonnenkilometer“. Multiplizieren Sie diesen Wert mit dem Gewicht des Kaffees und der Transportdistanz.
- Verpackungs-ID: Die Verpackung, der Sack oder der Eimer, in dem die Kaffeebohnen geliefert wurden, hat ebenfalls einen Fußabdruck. Auch dafür gibt es Faktoren.
Addieren Sie alle diese Werte, und Sie erhalten eine fundierte Schätzung des CO2-Fußabdrucks für Ihren Kaffee. Das Gleiche gilt für alle anderen gekauften Produkte – von der Computermaus bis zur Reinigungslösung. Es ist wie Puzzeln, aber mit klaren Regeln.
Schwindelig bei all den Zahlen? KI kommt zur Rettung!
Ich verstehe, dass der Gedanke, all diese Rechnungen manuell durchzuführen, schwindelig machen kann. Die gute Nachricht: Sie müssen das nicht allein tun! Genau hier kommt die künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Sie ist Ihr neuer, blitzschneller und unermüdlicher Assistent in der CO2-Bilanzierung.
Stellen Sie sich vor, die mühsame manuelle Suche nach den richtigen Emissionsfaktoren in riesigen Datenbanken entfällt. KI kann große Mengen an Daten – von Einkaufsbelegen über Produktinformationen bis zu Lieferkettenangaben – in Echtzeit analysieren und automatisch den passenden CO2-Wert zuordnen.
So unterstützt Sie die KI ganz konkret:
- Automatisierte Datenextraktion: Laden Sie einfach Ihre Rechnungen und Lieferscheine hoch. KI-basierte Tools erkennen automatisch, welche Produkte Sie gekauft haben, die Menge und den Ursprung.
- Intelligente Zuordnung: Die KI vergleicht die erfassten Produktinformationen mit Emissions-Datenbanken und findet den am besten passenden Emissionsfaktor – auch wenn die Produktbeschreibung nicht exakt übereinstimmt. Sie erkennt, dass ein „ergonomischer Drehstuhl“ im Wesentlichen den gleichen Fußabdruck hat wie ein „Bürostuhl“.
- Vorausschauende Analyse: Auf Basis Ihrer bisherigen Einkäufe kann die KI sogar vorhersagen, wie sich bestimmte Entscheidungen auf Ihren Carbon Footprint auswirken. Sie kann Alternativen vorschlagen, etwa einen lokalen Lieferanten, und Ihnen sofort den potenziellen Effekt auf Ihre CO2-Bilanz anzeigen.
Warum das Ganze mehr als nur eine Zahl ist
Jeder berechnete Wert ist nicht nur eine nackte Zahl. Er ist eine Geschichte. Die Geschichte Ihres Produkts und die Geschichte Ihres Unternehmens. Und wenn Sie diese Geschichten einmal verstehen, können Sie sie verändern.
Indem Sie den CO2-Fußabdruck Ihrer Produkte kennen, können Sie:
- Vergleichen: Finden Sie den umweltfreundlicheren Lieferanten.
- Reduzieren: Sie erkennen die größten Emissionsquellen und können gezielt Maßnahmen ergreifen.
- Kommunizieren: Sie haben eine glaubwürdige Basis für Ihren Nachhaltigkeitsbericht und können mit Ihren Kunden transparent kommunizieren. Das stärkt Ihr Image und Ihre Marke.
Der Weg zum eigenen Corporate Carbon Footprint mag am Anfang wie eine riesige Herausforderung wirken. Doch wenn Sie ihn in kleine, detektivische Schritte aufteilen und die Power der KI nutzen, ist er absolut machbar. Jedes Produkt, jeder Kauf ist eine neue Spur. Und die Summe dieser Spuren erzählt die Geschichte Ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen. Sie ist die Basis für eine bewusstere, zukunftsfähigere Unternehmensführung.
Möchten Sie mit mir diesen Weg gehen und gemeinsam die CO2-Spuren in Ihrem Unternehmen aufspüren? Lassen Sie uns darüber sprechen, wie Sie die richtigen Daten finden und Ihren eigenen Carbon Footprint berechnen.
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